Sehr geehrte Damen und Herren,
vor einigen Tagen fanden wir im Briefkasten einen Brief mit einem Werbeprospekt von Phantasialand, mit dem anscheinend speziell Jugendorganisationen mit besonderen Tarifen angesprochen werden sollen.
Im beiliegenden Prospekt wird u.a. das „Hotel Matamba“ vorgestellt. Schwarze in merkwürdigen Kostümen aus Fell und anderen „Naturalien“ stehen vor einer Landschaft mit einer Hütte, im Text heißt es „original afrikanische Masken, zahlreiche Malereien und exotische Gerüche lassen Sie im Hotel Matamba den weit entfernten Kontinent Afrika spüren“. Das Ganze erweckt den Eindruck, dass sich die Macher*Innen des Phantasialand noch nie mit Rassismus und rassistischen Stereotypen geschweige denn deutscher Kolonialgeschichte auseinandergesetzt haben – „Matamba“ erinnert in haarsträubender Weise an die koloniale Tradition der Völkerschauen.

Diverse rassistische Stereotypen werden in „Matamba“ (re-)produziert: Schwarze Menschen werden als exotische Objekte betrachtet und können damit den Mehrheitsdeutschen als Inspiration für künftige touristische Reiseziele dienen, ist aber wohl kaum als gleichberechtigte kulturelle Begegnung zu verstehen. Im Prospekt und auf der Homepage wird fortwährend von „Afrika“ und „afrikanisch“ gesprochen, als seien über 50 verschiedene Staaten, mehr als eine Milliarde Bewohner*Innen, hunderte von Sprachen unter dem Begriff „Afrika“ zu subsumieren, geschweige denn in einem Hotel widerzuspiegeln. Das, worum es in Phantasialand offensichtlich geht, ist Klischees darzustellen, die eine lange rassistische Geschichte haben. Angebliche Exotik soll dargestellt werden durch Masken, Holz, Tierfellmuster, Skulpturen etc. Das Hotel von außen wirkt wie eine Lehmhütte, als sei dies die typische Behausung von den sog. „Afrikaner*Innen“, welches eine Assoziation von „unzivilisiert“ vs. „zivilisiert“ hervorruft. Auf den Fotos ist eine weiße Kleinfamilie zu sehen, die sich in einer romantisch-verklärten Umgebung in der angeblichen „Exotik“ entspannen kann – das Ganze scheint also ausdrücklich nur für Weiße inszeniert zu werden, (kein Wunder, Schwarze würden sich dort vermutlich auch nicht wohlfühlen.) „Den Alltag vergessen“, wie es angepriesen wird, soll durch Erzeugung einer „anderen“ Welt geschehen, diese soll konträr zum „Eigenen“ sein und ist ihm untergeordnet – Urlaub an diesem Ort für ein paar Tage erscheint da als Abenteuer, aber nicht als gleichwertiger Lebensort, gegen den die weiße Kleinfamilie ihr Zuhause tauschen würde. Die damit erzeugte Herabsetzung und Exotisierung eines konstruierten „Anderen“ ist damit ein typisches Beispiel für Rassismus, wie er bis heute überall in der Gesellschaft verankert ist.

„Afrika“ wird im Phantasialand mit Abenteuer assoziiert, des weiteren stehen Savanne, Tropik, Safari im Vordergrund – das alles erinnert an Kolonialsprech und rassistische Expeditionen auf (u.a.) den afrikanischen Kontinent, mit denen sich „Deutsche“ vor 150 Jahren gewaltsam Territorien aneigneten und die dort lebende Bevölkerung unterdrückten, versklavten, ermordeten. Hier soll nur kurz auf den ersten deutschen Völkermord im 20. Jahrhundert in Namibia an den Herero 1904-08 hingewiesen werden. Während des Nationalsozialismus wurden Schwarze Deutsche gezwungen, in Völkerschauen aufzutreten, weil ihnen andere professionelle Sphären verschlossen wurden. Viele Schwarze Menschen kamen im Zuge der rassistisch begründeten Herabwürdigung und juristisch legalisierten Verfolgung während des Nationalsozialismus ums Leben. Der Umgang mit Schwarzen Menschen in der deutschen Geschichte sollte also deutlich machen, dass eine kritische, progressive Auseinandersetzung das Gegenteil von der immer weiteren erniedrigenden Aufrechterhaltung von Stereotypen, wie sie in „Matamba“ tagtäglich produziert werden, sein sollte.
Respektvoller Umgang und sich „vom Alltag erholen können“ ist unserem Verständnis nach auch bzw. gerade für weiße Deutsche etwas völlig anderes. Wie es auf Schwarze Menschen wirkt, dass Schwarze als Objekte von weißen Kolonialphantasien dargestellt werden, scheint nicht berücksichtigt zu werden. Rassismus und Kolonialismus sind aber alles andere als phantasievoll!

Der Jugendclub Courage ist tätig in der antirassistischen und interkulturellen Bildungsarbeit, die Sensibilisierung für Rassismus (ausgeübt von Weißen in Deutschland) ist eines unserer Themen. Es liegt völlig außerhalb unseres Verständnisses, Jugendliche (und Erwachsene) dazu zu animieren, dem Phantasialand unter diesen Umständen einen Besuch abzustatten. Viel mehr werden wir unsere Mitglieder und Kooperationspartner*Innen für den dort vorzufindenden Rassismus sensibilisieren und davon abraten, das Phantasialand zu besuchen.

Mit freundlichen Grüßen,
Jugendclub Courage

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